Bundesliga-Schiedsrichter Robert Hartmann aus Wangen hat bei seinem Besuch in Schwendi Einblicke in seine Arbeit als Unparteiischer gegeben und viele Fragen beantwortet. Zum 90. Geburtstag der Gruppe brachte Robert noch ein von seinen Bundesligakollegen unterschriebenes Trikot mit.
„Das Trikot wird beim Jubiläumsabend am 24. November zugunsten des Schiedsrichter-Solidaritäts-Fonds des wfv versteigert“, kündigte Obmann Jochen postwendend an. Das Interesse am Auftritt von Robert war groß, die Lazarus-von-Schwendi-Halle war sehr gut besucht. Der 44-Jährige, der seit 2011 in der Bundesliga pfeift, dreifacher Familienvater ist und noch in Teilzeit als Bankkaufmann arbeitet, erzählte sehr offen aus seinem Schiedsrichterleben und hatte auch noch Bewegtbilder seiner beiden vergangenen Bundesligaspiele dabei, um strittige Szenen zu besprechen.
Interessanterweise waren es zwei Spiele von Aufsteiger 1. FC Heidenheim. Das sei aber Zufall, die Ansetzungen werden vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) immer zehn Tage vorher bekanntgegeben. Dazu zählen dann auch Einsätze als vierter Offizieller wie zuletzt in Darmstadt oder Sinsheim. Insbesondere ging es bei den Videos um die Zusammenarbeit mit dem Video Assistant Referee (VAR) in Köln.
Robert demonstrierte, wie die Kommunikation mit den Kölner Keller abläuft und warum er manchmal dann doch auf den Monitor im Stadion zurückgreift und wann nicht. Auch der Rollenwechsel zwischen Stadion und Keller sei gut, weil man so beide Seiten kennenlerne und beherrschen müsse.
Grundsätzlich halte er den VAR für eine gute Sache, weil es deutlich weniger Fehlentscheidungen gebe. Allerdings erwarte die Öffentlichkeit, dass es zu 100 Prozent keine Fehler mehr gebe. Das sei aber nicht möglich. Insofern sei man aber nicht mehr weit entfernt vom Profi-Schiedsrichter, was aber keine Leistungsexplosion bedeute, aber möglicherweise die Akzeptanz bei Fans und Medien für die Schiedsrichter erhöhe.
„Für mich persönlich ist es aber gut, dass ich meinen Job noch als Ausgleich habe und so auch mal anderen Gedanken nachgehen kann“, sagte Robert. Manchmal gebe es aber auch Freundschaften mit Kollegen, so wie bei ihm mit Felix Brych. „Ich habe quasi bei ihm gelernt und wir verstehen uns gut.“ Mit den anderen Kollegen habe man eher ein professionelles Verhältnis.
Die Vorbereitung auf ein Spiel erfordere sehr viel Zeit. Man könne dazu auch eine Datenbank des DFB nutzen, aber natürlich auch die eigenen Erfahrung, „Ich teile Spieler in Führungsspieler, Künstler und Mitspieler ein. So weiß ich meist, mit wem ich es zu tun habe und mit wem ich auf dem Platz sprechen muss“, erklärt Robert den Umgang mit den Profis. In der Bundesliga sei dies natürlich einfacher als in der Dritten Liga, wo er deutlich seltener pfeife und kaum die Spieler kenne.
Vier Punkte hob der gebürtige Allgäuer, der als 15-Jähriger seinen Schiri-Schein machte, hervor, die zwingend nötig seien, um ein guter Schiedsrichter auch in der Bundesliga zu sein: Erstens die Fußballpraxis mit einem Netzwerk über Trainer und Spieler, zweitens die körperliche Fitness, die hart erarbeitet und gehalten werden müsse, drittens die mentale Stärke während des Spiels und im Umgang mit Kritik sowie viertens die Kommunikation.
„Es ist enorm wichtig, dass wir als Schiedsrichter authentisch rüberkommen und Empathie zeigen.“ Zudem halte er es für sehr wichtig und mitentscheidend für den Verlauf der Karriere, sich mit Fehlern intensiv auseinanderzusetzen, um zu lernen und eine Strategie zu entwickeln, damit umzugehen. „Der Prozess der Entscheidung auf dem Platz muss für einem selbst abgeschlossen sein, ehe sie sichtbar wird. Da geht es um Millisekunden.“
Für eine gute Idee hält Robert, dass man den Zuschauern im Stadion per Videowall die selben Bilder zur Erklärung zeigt wie im Kölner Keller. Da seien aber noch rechtliche Dinge mit den Vereinen zu klären. Auch Zeitstrafen seien denkbar. Insgesamt habe sich aber auch bei der Konsequenz der Entscheidungen in den vergangenen zwei Jahren viel verändert. So sei der Respekt vor den Schiedsrichtern wieder gewachsen.
Und das wirke sich natürlich auch bis auf die Basis aus. „Wir haben schon eine große Vorbildfunktion. Das ist uns bewusst“, machte Robert Werbung für dieses Job. Er gebe so viel und das nicht nur in der Bundesliga. Sich in Social Media tummeln oder jeden Artikel lesen, darauf verzichte er weitgehend. „Ich tausche mich lieber mit Kollegen oder auch mal mit Freunden, die nicht aus Fußball kommen, aus, und versuche deren Lob oder Kritik auch ernst zunehmen. Dann wächst wieder die Vorfreude auf den nächsten Einsatz.“